„Denkmal des Monats“ März 2022: Warenhaus Karstadt Köln – 31.03.2022 16:00 Uhr
Der Arbeitskreis „Denkmal des Monats“ im Kölner Regionalverband des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz stellt seit mehr als 30 Jahren bedrohte und gefährdete, aber auch unbekannte Denkmäler der Öffentlichkeit vor. Der nächste Termin ist:
Warenhaus Karstadt Köln
Donnerstag, 31.03.2022 – 16:00 Uhr
Breite Straße 103–135 (Treffpunkt am Brunnen)
Wie den Medien zu entnehmen war, wird aktuell diskutiert, das Kölner Karstadt Warenhaus an der Breite Straße 103-135 abzureißen. Die noch vom Kaufhaus Carl Peters stammende Jugendstilfassade an der Breite Straße steht seit 1988 unter Denkmalschutz. Seit 1891 betrieb der aus Mecklenburg stammende Geschäftsmann Carl Peters (1868-1936) eine Gemischtwarenhandlung an der Kölner Breite Straße, die sich mehrfach erweiterte. Die zwischen Streitzeuggasse und Neumarkt gelegenen Kasernen und eine geplante Straße zwischen Wolfstraße und Glockengasse verhinderten lange einen Warenhausneubau. Nach dem Bau der Riehler Kasernenstadt – wir erinnern uns, Köln war bis 1918 preußische Festungsstadt – konnten 1910-1912 die Neumarkt- und die Franziskanerkaserne aufgegeben werden.
Der Straßendurchbruch Zeppelinstraße wurde in geschwungener Form, wie es nach dem Städtebauideal von Camillo Sitte gerade modern war, zwischen Neumarkt und Richmodstraße angelegt. An Stelle der Kasernen und der vielen kleinteiligen Wohnhäuser (Dreifensterbauten) enstanden großstädtisch anmutende imposante Geschäftsbauten auf großen Grundstücken: Cords, Reifenberg (beide 1912, heute Neumarkt-Galerie), Kaufhaus Isay (1912, heute „Ortloffhaus“), Olivandenhof/Zeppelinhaus (1913, heute Neubau Olivandenhof), Schwerthof (1921) und als besonderer „Point-du-vue“ vom Neumarkt aus gesehen das Kaufhaus Carl Peters (heute Karstadt). Damit wandelte sich auch das nördliche Neumarktviertel zur (westlichen) Geschäftscity, wie es im Bereich der Schildergasse, Gürzenich- und Hohe Straße (östliche City) bereits der Fall war.
Nach den Plänen des Regierungsbaumeisters Carl Moritz (1863-1944) unter Beteiligung von Peter Gaertner und Jakob Berns entstand in zwei Phasen 1911/12 bzw. 1912-1914 das Kaufhaus Carl Peters. Der bis zu fünf Geschosse zählende kühne Jugendstilbau mit lebendiger Dachlandschaft galt mit 26.000 m² Verkaufsfläche als das größte Kaufhaus Westdeutschlands. Heute vergessen ist, dass erst 1929/30 die letzten privaten Wohnhäuser an der östlichen Breite Straße bzw. der südlichen Hämmergasse erworben, abgebrochen und der Warenhauskomplex nach den Plänen von 1911 vollendet werden konnte.
Stadtplanausschnitt 1924
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem vereinfachten Wiederaufbau übernahm um 1962 die Rudolf Karstadt AG das Kölner Kaufhaus Peters. Nach den ursprünglichen Plänen sollte in zwei Bauabschnitten ein Warenhausneubau realisiert werden. Die Pläne stammten von Prof Emil Fahrenkamp (1885–1966), im Dritten Reich Leiter der Düsseldorfer Kunstakademie, der sich mit dem Schellhaus in Berlin (1930-32) einen Namen gemacht hatte, unter der Beteiligung von Architekt Peter Paul (leider keine Daten vorhanden). Im Kontrast zu dem die Horizontale betonenden Moritzbau griff Fahrenkamp die Vertikalstreben der Kaufhauspaläste der 1910er- und 20er-Jahre auf. Für das Kölner Karstadthaus entwarf er einen fünfgeschossigen Neubau, dessen Fassade abwechselnd aus vertikalen Lamellenstrukturen und fliesenverkleideten Mauerabschnitten bestand.
Ähnlich hatte er bereits 1960 den Neubau des (Karstadt) Kaufhauses Althoff in Herne („Edelstein im Herner Mosaik“ Denkmalpflege in Westfalen-Lippe, 1995) konzipiert . Besonderer Blickpunkt wurde die sich verjüngende südliche Fassadenfront an der Zeppelinstraße, Am alten Posthof und der Hämmergasse, mit dem vom ersten bis zum vierten Obergeschoss reichenden Gerüst aus vorgehängten vertikalen, pfeilerartigen Metalllamellen, die senkrecht zur Fassade stehen. Dieses Element wurde in den 1960er und 70er Jahren für etliche Karstadthäuser identitätsstiftend, sowie die Hortenkachel für Horten oder die Glas-Aluminium-Vorhängefassade, die so genannte „curtain wall“, für den Kaufhof. Der hier angesiedelte Haupteingang mit überdachtem Vorbau ist auf die Zeppelinstraße hin ausgerichtet.
1962/63 entstand der Neubautrakt zur Zeppelinstraße/Am alten Posthof. Selbst die Karstadt AG konnte das Haus Am Alten Posthof 8 nicht erwerben, so dass die südliche Fassade um die Tiefe dieses Gebäudes zurückversetzt ist. Hier schuf Fahrenkamp im Erdgeschoss eine Art Passage zur Hämmergasse mit gefliesten Säulen und der gefliesten Rückfront von Haus Nr. 8. Bei seiner Eröffnung am 29. Oktober 1963 verfügte das Karstadthaus über ca. 24.000 m² Verkaufsfläche. Mit 18.000 m² Lager- und Büroflächen und dem mehrgeschossigen Parkhaus mit Parkdeck galt der Kölner Bau als größtes Warenhaus des damals größten europäischen Warenhauskonzerns.
Denkmalgeschützte Jugendstilfassade des ehem. Kaufhaus Carl Peters von 1912 (Foto 2022)
Die Fassade des Karstadthauses, ein Konglomerat aus drei Zeitphasen, bildet trotz der zeittypisch unterschiedlichen Gestaltung und Materialwahl eine in sich geschlossene Einheit. Sie besteht aus der vor dem Ersten Weltkrieg geplanten denkmalgeschützten Jugendstilfront an der Breite Straße mit profilierten Fensterrahmungen, Wandvorlagen und sparsam verwendeten Stuckornamenten, die – seit dem Zweiten Weltkrieg unsaniert – auch noch die Absplitterungen und Einschüsse aus den letzten Kriegstagen aufweist. In Richtung Neumarkt dokumentiert die markante südliche Leichtmetall-Lamellenfront die für die Neugestaltung der Innenstädte mit Großstadtwarenhäusern typischen Sechzigerjahre.
Nach dem Umbau und Abbruch diverser Karstadthäuser repräsentiert das Kölner Haus als eines der letzten die einst typische Karstadtarchitektur. Die mit Ettringer Tuffstein verkleidete Fassade an der überdachten nördlichen Zeppelinstraße mit den beiden Übergängen zum Olivandenhof bildet den jüngsten Abschnitt. Die stadtbildprägende Warenhausfassade – wie auch das Gebäude – dokumentieren mit den umliegenden Bauten den Wandel der Kölner Innenstadt von der Wohn- zur Geschäftsstadt seit dem frühen 20. Jahrhundert und die Weiterentwicklung der Geschäftscity nach dem Zweiten Weltkrieg, wie auch den Wandel der deutschen Warenhausarchitektur. Damit ist sie erhaltens- und denkmalwert.
Der Arbeitskreis Denkmal des Monats wie auch der Rheinische Verein setzen sich für den Erhalt der Architektur ein. Alle Entscheidungsträger und Interessierte sind zu der Präsentation vor Ort eingeladen. Bitte Gesichtsmasken mitbringen für den Fall einer größeren Teilnehmendenzahl.
Alexander Hess, Leiter AK „Denkmal des Monats“ – Fotos/Kartenscan: A. Hess