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„Denkmal des Monats“ April 2022: Hauptverwaltung RWE-Power – 26.04.2022 16 Uhr

[Für den vollständigen Text Überschrift anklicken] Zur Präsentation „Denkmal des Monats“ April 2022 sind Sie  herzlich eingeladen:

Dienstag, 26.04.2022, 16 Uhr
Verwaltungsgebäude RWE-Power
Köln-Junkersdorf, Stüttgenweg 2/Dürener Straße

In dem Verwaltungsgebäude von RWE-Power an der Dürener Straße vereinigen sich – wie bei vielen anderen Denkmalen – Bedeutungsaspekte verschiedener Herkunft. Industrie- und Stadtgeschichte spielen eine wichtige Rolle. Die anspruchsvolle Architektur ist nicht nur ästhetisch reizvoll, sondern veranschaulicht auch die anderen historischen Bezüge.

Der Rheinische Verein plädiert für den Erhalt dieses Gebäudes als bedeutendes Denkmal der Architektur- und Wirtschaftsgeschichte und strebt seine Eintragung in die Denkmalliste an.

Foto: Achim Bednorz

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Zum Hintergrund

Alexander Kierdorf / Ulrich Krings / Walter Buschmann
Die Hauptverwaltung von RWE-Power in Köln-Junkersdorf

Entstehungsgeschichte einer zentralen Verwaltung des rheinischen Braunkohlebergbaus

Seit Jahrhunderten war Köln mit dem Braunkohlenbergbau eng verbunden. „Köllnisch Umbra“ oder „Kölnische Erde“ waren seit dem 17. Jahrhundert Bezeichnungen für einen Brennstoff, der erst im 19./20. Jahrhundert an Bedeutung gewann. Zeitweise sprach man für den länglichen Streifen der Bergbaubetriebe zwischen Brühl und Grevenbroich vom „Kölner Revier“. Erst durch die Erfolgsgeschichte der westlichen Unternehmen bei Eschweiler und Inden bürgerte sich die Bezeichnung Rheinisches Revier ein.

Gemäß der im Ergebnis weiträumigen Verteilung der Bergwerke und Veredelungsbetriebe bildeten sich auch mehrere Verwaltungssitze heraus. Denkmalwerte Bauten in Brühl und Eschweiler zeugen davon. Weitere Bergbauverwaltungen wie in Horrem und Grevenbroich dagegen sind nicht erhalten. Mit dem auch die Braunkohle seit 1900 bestimmenden Konzentrationsprozess bildete sich die Rheinische AG für Braunkohlenindustrie und Brikettfabrikation, die spätere Rheinbraun heraus. Verwaltungssitz wurden 1908 Häuser an der Herwarthstraße in der Nähe des Stadtgartens. Bis 1922 blieb man dort und bezog dann einen neuen, von dem Architekten Heinrich Müller-Erkelenz errichteten Bau am repräsentativen damaligen Kaiser-Friedrich-Ufer (heute Konrad-Adenauer-Ufer). Das Gebäude ist erhalten und steht – auch mit seiner bemerkenswerten Ausstattung (Treppenhaus und Sitzungssaal) – unter Denkmalschutz.

In den 1920er und 1950er Jahren etablierte sich Köln als Verwaltungszentrum des rheinischen Braunkohlenbergbaus. An der Ecke Mittelstraße / Apostelnkloster entstand 1922-23 das Verwaltungsgebäude des Rheinischen Braunkohlen-Syndikats nach Entwurf von Martin Elsässer. Es wurde 1954-55 erweitert mit einer damals modernen Betonrasterfassade durch Theodor Kelter und füllt seither die ganze Nordseite des schönen kleinen Platzes vor St. Aposteln. Aus den 1950er Jahren stammt auch das Verwaltungsgebäude der Brühler Knappschaft auf der spitzwinkligen Ecke Werder-/Kamekestraße unweit des Kaiser-Wilhelm-Rings. Es wurde 1951-52 errichtet von Kurt Wrede.

Die Rheinbraun verließ im Jahre 1981 ihren Unternehmenssitz am Kölner Konrad-Adenauer-Ufer und verlagerte ihn an den westlichen Stadtrand in Richtung der Braunkohleabbau-Gebiete. Dort, in Junkersdorf in Nähe der Dürener Straße, besaß man bereits den traditionsreichen Stüttgenhof, der weiter als Pachtbetrieb in Funktion blieb, sowie in seiner Umgebung ein umfangreiches, damals landwirtschaftlich genutztes Gelände. Braunkohlenbetriebe hatten schon im 19. Jahrhundert bis nahe an Köln heranreichende Abbaurechte erworben und daraufhin auch Grundstücke, die diesen Abbau möglich machen sollten, aufgekauft. Der Äußere Grüngürtel war von Konrad Adenauer unter anderem auch als eine Abwehrmaßnahme gegen den auf Köln zuwandernden Bergbau gedacht.

Der neue Standort zeichnete sich aus durch die Nähe zu Autobahn und Fernstraßen, verfügte aber auch über einen Anschluss an die Stadtbahnlinie 7 Köln-Frechen, die frühere Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn. Auf dieser traditionsreichen Trasse fahren bis heute zusätzlich zum ÖPNV beladene Kohlenzüge Richtung Niehler Hafen; von dort transportiert die HGK-Linie oft auch Autos oder andere Güter Richtung Frechen zurück.

Die Verlagerung von Unternehmenszentralen an den Stadtrand, von vielen Mitarbeitern seinerzeit eher bedauert, ist in Köln selten zu beobachten; vergleichbar etwa der Umzug des Verlags DuMont-Schauberg mit der Redaktion des Kölner Stadt-Anzeigers nach Köln-Niehl (auf eine Industriebrache) oder der damaligen Colonia-Versicherung nach Köln-Holweide. Die mehrfach diskutierte Auslagerung des Westdeutschen Rundfunks aus der Innenstadt nach Köln-Bocklemünd wurde dagegen nicht realisiert.

Der Neubau entsprach dem Bedarf des Unternehmens an zusätzlichen Büroflächen in Form der damals bevorzugten Großraumbüros, konnte eine für das Unternehmen verfügbares Gelände nutzen und entsprach einer damals in der Stadtplanung stark propagierten Tendenz zur Verlagerung von arbeitsplatzintensiven Verwaltungen an den Stadtrand, um die Verkehrsbelastung der Innenstädte zu verringern und der nur geringen Mitwirkung dieser Nutzungen nach Büroschluss nachmittags und abends in der Woche und an Wochenenden.

Die Architektur

Mit dem Bau der neuen Zentrale wurde die renommierte Düsseldorfer Architekturfirma HPP – Hentrich, Petschnigg und Partner – betraut; er begann 1975/76 und konnte 1981 abgeschlossen werden. Eingebettet in ein neu gestaltetes Parkgelände, ehemaliges Ackerland, das jetzt den Kölner Grüngürtel aus den 1920er Jahren in zeitgenössischen Formen erweiterte, entstand hier ein Gebäude, das Vorstand, Verwaltungsabteilungen sowie Registratur und Sozialräume enthält. Der Grundriss des Komplexes gliedert sich in vier gleichartige Segmente polygonaler Struktur, die kreuzförmig einen auf die Spitze gestellten quadratischen Innenhof umgeben. Dieser ist von außen nicht einsehbar und somit ästhetisch nur in der Grundrissfigur, funktional natürlich auch für Klima und Belichtung der Büroräume relevant.

An der Südwestecke ist ein durch Fortsetzung des Erdgeschosses über dem hier freiliegenden Sockelgeschoss ausladender, ebenfalls polygonaler, eingeschossiger Kantinenbau angegliedert.

In seiner Gesamtform bildet der Bau von außen gesehen ein blockhaft wirkendes, in Flachdächern endendes Karree, das durch die wechselnden Höhen der Segmente und die abgeschrägten Ecken eine lebendigen Umrissfigur besitzt. Die für seine Entstehungszeit typische Tablarstruktur des Betonskelettbaus lässt sich an den Fassaden ablesen: Mit dunkelbraun eloxierten Metallpaneelen verkleidete Balkon-Brüstungen verlaufen vor den tiefliegenden durchgehenden Fensterflächen und betonen so die dominierenden Horizontalen des Tablarbaus. Die Begehbarkeit der Balkone wird durch Gitterroste gewährleistet. Die Fensterverglasung selbst besteht nach außen aus verspiegeltem Sonnenschutzglas.

Die kastellartige Gesamtform mit ihrem eher liegenden Charakter wird rhythmisiert und konterkariert durch vorspringende, durch helle Quarzitverkleidung auch farblich abgesetzte Versorgungs- und Treppentürme. Diese flankieren als kräftige Vertikalakzente jeweils eine Gebäudeseite und passen sich den verschiedenen Gebäudehöhen der Segmente an.

Der schon erwähnte Binnenhof ist mit einem Wasserbecken gefüllt; seine Grundform wiederholt als Quadrat mit abgefasten Ecken die Form des Gesamtbaus, ist jedoch um eine Achteldrehung versetzt bzw. in die Diagonale verschoben. Nach Südosten ist das Erdgeschoss hier offengelassen und bildet eine überdachte Terrasse.

Der Verzicht auf eine das Gelände weiträumig einfassende Umzäunung und somit auf die Einlasskontrolle vermittelt den Eindruck eines plastisch-skulptural in die offene Landschaft gesetzten Solitärs. Durch den Übergang vom Wald zur Wiesenzone erscheint die den historischen Grüngürtel motivisch und funktional fortsetzende Umgebung äußerst vielfältig. Wenige Pflanzungen wie Einzelbäume und Strauchgruppen mindern die Wucht des Großbaus und verstärken den Eindruck einer harmonischen Landschaftsgestaltung.

Mitarbeiter und Gäste gelangen auf das Gelände zu Fuß oder mit dem Auto; für dessen Unterbringung sind westlich des Stüttgenwegs ausgedehnte Parkplätze angelegt; hier befindet sich auch die unternehmenseigene Kita. Der Haupteingang wird abgesehen von der Ausrichtung nach Nordwesten zum Stüttgenweg nur durch ein weit über die Vorfahrt auskragendes Vordach gekennzeichnet. Die Vorfahrt und der östlich anschließende, abgesenkte Besucherparkplatz zitieren die Grundform des Baus. Als freistehende Skulptur auf einer Wiesenfläche ist im Eingangsbereich die schlanke Figur der Heiligen Barbara (Schutzpatronin u.a. auch des Bergbaus) von Arno Breker aufgestellt, die sich ursprünglich an der Fassade des Rheinischen Braunkohlensyndikats am Apostelnkloster in Köln befand.

Die Rheinbraun-Verwaltung in Köln ist heute Sitz der RWE-Tochter RWE Power (zweiter Unternehmenssitz: Essen), die für die Verwaltung der Tagebaue und Kraftwerke im Rheinischen Braunkohlerevier zuständig ist. 2003 ging die RWE Rheinbraun in der RWE Power auf. Die RWE AG, an der zahlreiche Kommunen beteiligt sind, gehört als Dax-Unternehmen zu den bedeutendsten deutschen Großunternehmen.

Fazit

Die kastellartige Grundform des Gesamtbaus sticht ästhetisch durch die konsequente Tablarstruktur hervor, deren dominante Horizontalwirkung durch die Vertikalakzente der vier Versorgungstürme ein Gegengewicht erhält. Der bewusst inszenierte Farbwechsel zwischen den bräunlichen Brüstungsbändern der umlaufenden Balkone, den farblich verwandten, jedoch spiegelnden und leicht verschatteten Fensterbändern einerseits sowie den hellen Quarzit-Blöcken der vier Versorgungstürme andererseits wird unterstrichen durch die Zuordnung der beiden genannten Farbfelder zu den Horizontalpartien beziehungsweise den Vertikalakzenten des Bauwerks.

Inwieweit die Dominanz von „Braun“ in der Fassadenstruktur mehr als eine zeittypische Farbwahl darstellt, also u.U. hier symbolisch für „Braunkohle“ steht, wäre zu untersuchen. Auszuschließen ist diese semantische Perspektive m.E. nicht.

Dem Bauwerk kommt mit seiner stadt- und industriegeschichtlichen Bedeutung sowie architekturgeschichtlich mit seiner Gesamt- wie Detailgestaltung, besonders aber auch infolge seiner harmonischen Einbettung in die damals bewusst künstlerisch geprägte Parklandschaft ein hoher Denkmalwert zu. Aus heutiger Sicht besticht der weitgehend erhaltene originale Zustand der Gesamtanlage.

Literatur

50 Jahre HPP – Hentrich, Petschnigg und Partner, Architekten, Düsseldorf 1983, (2)1985

Bauen für Köln. Gestaltungsbespiele in Beton (Ausstellungskatalog), Köln 1985, S. 45

Buschmann, Walter; Rinn, Barbara; Gilson, Norbert: Braunkohlenbergbau im Rheinland (Die Bau- und Kunstdenkmäler des Rheinlandes), Worms 2008, S. 200-202, 249-251

Fußbroich, Helmut: Architekturführer Köln: Profane Architektur nach 1900, Köln 1997, S. 185 / Nr. 140

Stadt Köln (hg.): Wirtschaftsarchitektur in Köln (Text: Wolfram Hagspiel; Fotos: Jürgen Riexinger), Köln 1985, S. 23

Kleinebeckel, Arno: Unternehmen Braunkohle. Geschichte eines Rohstoffs, eines Reviers, einer Industrie im Rheinland, Köln 1986, S. 254-257

Kontakt: Dr. Alexander Kierdorf, Versitzender RVDL RV Köln, kierdorf_indukult@gmx.de